Geschäftsfähigkeit bei Eheschließung

 

Können demente oder geschäftsunfähige Menschen noch heiraten?

 

Grundsätzlich müssen gem. § 1304 BGB beide Partner, die heiraten wollen, geschäftsfähig sein.

 

Es gibt aber Fälle, in denen an der Geschäftsfähigkeit eines der Partner Zweifel bestehen.

 

Manche Partner, die schon lange zusammenleben, möchten ihre Verhältnisse ordnen.

Vermögensinteressen sind ebenfalls legitim, sei es die Versorgung eines der Partner oder

der Wunsch des gesunden Partners, den dementen Menschen, den er pflegt zu beerben.

 

In einem Fall hatte eine Dame einen Schlaganfall erlitten. Ein Testament zugunsten des Partners,

der sie pflegte, hätte sie wegen fehlender Geschäfts- und Testierfähigkeit nicht mehr errichten

können, aber durch die Heirat ist der Partner zum gesetzlichen Erben mit allen rechtlichen

und steuerlichen Vorteilen geworden.

 

Für solche Fälle hat die Rechtsprechung den Begriff der Ehegeschäftsfähigkeit geprägt.

Die Eheschließungsfreiheit hat gem. Art. 6 GG Verfassungsrang.

Die Bestimmung des § 1304 BGB ist daher einschränkend auszulegen.

 

In der Praxis bedeutet dies, dass auch geschäftsunfähige und demente Menschen noch heiraten

können, wenn sie sich ein Bild vom Wesen der Ehe machen und ihren Willen zur Heirat

frei bilden und äußern können. Dies gilt selbst dann, wenn ein Ehepartner partiell geschäftsunfähig

ist, einen Betreuer hat und die Handlungen des Betreuten dem Einwilligungsvorbehalt des

Betreuers unterliegen. Die Zustimmung des Betreuers zur Heirat ist nicht erforderlich.

Das bayerische Oberste Landgericht hat in einem Beschluss von 1996 ausgeführt, dass es für die

Ehegeschäftsfähigkeit nicht so sehr auf die Fähigkeiten des Verstandes ankommt, sondern auf die

Einsicht in das Wesen der Ehe und den freien Willensentschluss.

 

Wenn ein Standesbeamter die Eheschließung wegen Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit eines

Partners nicht vollziehen will, kann er durch das Amtsgericht gleichwohl angewiesen werden,

die Eheschließung zu vollziehen, wenn die Ehegeschäftsfähigkeit nicht eindeutig ausgeschlossen ist.

Bloße Zweifel an der Ehegeschäftsfähigkeit reichen nicht.

 

Demente Menschen sind suggestibel und es besteht die Gefahr, dass sie beeinflusst werden.

In einem solchen Fall oder bei völliger Geschäftsunfähigkeit kann gem. § 1316 BGB die Auflösung

der Ehe bei der Verwaltungsbehörde angeregt werden. In Baden-Württemberg ist das

Regierungspräsidium Tübingen zuständig. Wenn die Behörde sicher ermitteln kann,

dass ein Partner bei der Eheschließung vollständig geschäftsunfähig war,

wird es beim Familiengericht gem. § 1313 BGB die Auflösung der Ehe beantragen.