Sachverständige – die heimlichen Richter?

 

Die Gerichte schalten Sachverständige ein, wenn die Beurteilung rechtlicher Fragen die fachkundige Klärung von

streitigen Tatsachen voraussetzt oder wenn ausländische Rechtsgebiete vorgreiflich sind.

Sachverständige kommen daher z.B. bei technischen Fragen bei Verkehrsunfällen, bei Baumängeln,

bei Gesundheitsfragen, bei physikalischen oder betriebswirtschaftlich unklaren Situationen zum Einsatz.

 

Die Klärung dieser Fragen setzt oft eine erhebliche Sachkunde voraus: Gutachter klären z.B. posthum

die Geschäftsfähigkeit einer bereits verstorbenen Person oder die Ursachen von chemischen Mängeln in Hochöfen.

Da diese Materien von Juristen aus eigener Sachkunde nicht (mit vernünftigem Aufwand) beurteilt werden können,

weichen die Gerichte nur selten von den Sachverständigengutachten ab, so dass diese häufig "entscheiden".

 

Gerichtliche Sachverständige haften nur für grob fahrlässige oder vorsätzliche falsche Gutachten, auf denen die

gerichtliche Entscheidung beruht und nur, wenn der Geschädigte zuvor alle Rechtsmittel ausgeschöpft hat.

 

Ist ein Gutachten aus Sicht einer Partei ungenügend, stellt sich daher die dringende Frage nach Lösungen:

Die Partei kann Fragen stellen oder Ergänzung des Gutachtens verlangen. Bei fachlichen Mängeln kann man ein gerichtliches

„Obergutachten“ beantragen. Wird der Antrag abgelehnt, kann man nur gegen das Urteil vorgehen, nicht jedoch gegen die Ablehnung.

Die Partei kann selbst ein Gutachten beauftragen und dieses bei Gericht vorlegen, um das ihr ungünstige Gutachten zu erschüttern.

Die Kosten für ein solches privates Gegengutachten sind allerdings keine Kosten des Rechtsstreits und daher nicht erstattungsfähig.

Die Partei kann den Sachverständigen ablehnen, wenn die Sorge besteht, dass dieser befangen sein könnte. Diese Sorge kann bei

Beziehungen zwischen Sachverständiger und Prozesspartei oder Vorbefassung mit dem Prozessstoff gegeben sein, aber auch beim

Eindruck der Parteilichkeit aufgrund des Verhaltens des Sachverständigen im Rechtsstreit.

 

Eine sinnvolle, wenn auch mit Kosten verbundene Lösung ist die Einholung eines Privatgutachtens und dessen Vorlage bei Gericht

vor Erstellung des gerichtlichen Gutachtens. Die Kosten kann man aber nur dann als Teil des Schadens ersetzt verlangen,

wenn die Einholung dieses Gutachtens aus Sicht des Gerichts objektiv erforderlich war.