Das europäische Nachlasszeugnis

 

In Deutschland wird der Nachweis der Erbfolge durch Erbschein oder notarielles Testament mit Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts

geführt.

 

Bei Vermögen im Ausland oder mehreren Staatsangehörigkeiten des Erblassers, gab es bislang Probleme bei der Frage, für welche Teile des

Nachlasses welches nationale Erbrecht anwendbar ist und wie die Erbfolge in einem anderen Staat nachgewiesen werden kann.

 

Hier führt die Europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) innerhalb Europas zu einer Vereinheitlichung. Nach der EU-ErbVO findet

auf den gesamten Nachlass das Erbrecht des Staates Anwendung, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte,

wenn er nicht in einem Testament oder Erbvertrag durch eine sogenannte Rechtswahlklausel das Erbrecht seines Heimatstaates gewählt hat.

 

Die EU-ErbVO führt ab 2015 als Erleichterung das „europäische Nachlasszeugnis“ (ENZ) ein. Das „ENZ“ ist ein Erbnachweis wie ein

Erbschein und gilt in allen Staaten der EU. Damit kann der Nachweis der Erbfolge gegenüber Behörden, Gerichten usw. in allen Staaten

der EU geführt werden. Die Möglichkeit in Deutschland die Erbfolge durch Erbschein oder notarielle Verfügung von Todes wegen in

Verbindung mit dem Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts nachzuweisen, bleibt unberührt.

 

Die Zuständigkeit für die Ausstellung des „ENZ“ bestimmt sich nach dem nationalen Recht des Staates, in dem der Erblasser seinen

letzten Aufenthalt hatte. Der Erblasser kann aber mit den Erben, z.B. in einem Erbvertrag eine Vereinbarung treffen, wonach für die

Ausstellung des „ENZ“ die Behörde seines Heimatstaates zuständig sein soll.

 

Das „ENZ“ gilt nur für die Dauer von sechs Monaten. Es kann verlängert oder neu ausgestellt werden.

 

Das „ENZ“ bringt nicht nur Vereinfachungen, sondern eröffnet neue Probleme. Zum Beispiel ist die güterrechtliche Erhöhung

der Erbquote des Ehegatten nach § 1371 BGB in ausländischen Staaten nicht bekannt und wird von ausländlichen Behörden

vermutlich nicht in das „ENZ“ aufgenommen. Dadurch könnte der überlebende Ehegatte eines Paares, das zeitweise im Ausland lebt,

plötzlich ¼ seiner Erbquote verlieren, wenn er nicht entsprechende Vorsorge mit Rechtswahlklauseln und

Zuständigkeitsbestimmungen getroffen hat.

 

Bei Auslandsbezug besteht erhöhter Beratungsbedarf durch einen Spezialisten. Wenn Bürger Regelungen getroffen haben, die der Staat,

in dem sie sich zum Schluss aufhalten, nicht kennt, müssen Verfügungen von Todes wegen dringend überarbeitet werden.